Brennpunkt 9
Brennpunkt 9
Bürgerbewegung ist Basisdemokratie
9.1 Basisdemokratische Spielwiese
"Demokratie ist im Grunde die Anerkennung, das wir,
sozial genommen, alle füreinander verantwortlich sind"
Heinrich Mann
Vortrag: Der tiefere Sinn der Republik, 1927
Gemeinhin steht Dialog für alle, die am Runden Tisch sich zusammenfinden und übers bloße Kommunizieren hinaus Gedanken und Standpunkte austauschen und gemeinsames Handeln anstreben. Wir erinnern an die berühmten Sokratischen Dialoge, die Platon für die Nachwelt festhielt. Interessant: „Der Staat“ ist der umfangreichste und konkreteste der im damaligen Athen entstandenen Dialoge. Damit haben Dialog und Demokratie ein- und dieselbe Geburtsstunde. Dialog und Demokratie leuchten auf wie zwei Seiten einer Medaille. Was uns immer noch erstaunt, ist der vom großen Physiker David Bohm gelebte ausgiebige Dialog mit Jiddu Krishnamurti (1895 – 1986); dem bekanntesten Buddhisten und Geistesforscher. Beide zeigten, wie auf dialogischem Weg eine fruchtbare Begegnung völlig unterschiedlicher Geistessphären möglich wird. Es ging um die Frage, ob die Quantenmechanik zufallsbestimmt ist oder nicht.
Vor allem für den weitbekannten Psychologie-Forscher Carl Rogers (1902 – 1987) hilft der zwischenmenschliche Dialog den Menschen weiter, wenn insbesondere in konfliktbelastendem Miteinander gleichwohl Weiterentwicklung erreicht werden will.
- passives Zuhören wird hinverwandelt zu aktivem Zuhören. Nur solches führt zur Anteilnahme, zur Nähe.
- Du-Botschaften werden zu Ich-Botschaften gewandelt. Dadurch werden aus Schranken regelrechte Türöffner.
- Antworten werden hin zu Fragen mutiert. Neben dem Status-Quo werden Alternativen sichtbar. Das dunkle Entweder-Oder hellt auf zum Sowohl-als-auch.
Alle erleichtern das Engagement der Initiativler ungemein - wenn's klappt!; All dies wird für uns nach den Erkenntnissen der Konstruktivisten schwereloser. Die Realität, die Wirklichkeit um uns herum schaffen wir alle selbst. Wir konstruieren sie. Kein Wunder, dass jeder Streit durch verschiedene Sichtweisen der Kontrahenten vom Zaune gebrochen wird: nicht jedoch durch die Realität. Anstelle dieser befinden sich also so viele mehr oder weniger verschiedene Realitäten, wie Engagierte um den Runden Tisch herumsitzen. In dieser scheinbar ausweglosen Situation bieten die „Entdecker“ einen Ausweg an: Wir alle am runden Tisch fragen uns, welche unserer persönlichen Realitäten zur derzeitigen Situation passt. Das genügt bereits, denn ob sie wirklich stimmt, ist weder erfahrbar noch notwendig. Also kann man sich den Streit um die t a t s ä c h l i c h e Wirklichkeit schon mal sparen. Dazu noch einen Schuss heitere Gelassenheit. Ganz simpel: Einfach die beiden Mundwinkel rechts und links hochziehen. Solches kommt dann auch inwärts gut in Fahrt. Eine neuronale Kaskade hellt uns regelrecht auf. Wir spüren, wie plötzlich positive Stimmung in uns aufkommt. Ein bisschen dieses - aus dem Nichts heraus so nebenher üben. Wir sehen alle Welt positiver, gelassener, und Nähe erreichen wir beinahe wie selbstverständlich im Fluge.
„Störungen haben Vorrang“. Ein Appell an alle, die am zügigen Weiterkommen der guten Sache „Unsachliches“ schnellstmöglich aus dem Weg zu räumen gedenken. Nicht umsonst stammt dieser
Ausspruch von einer berühmten Psychologin zum Verlauf des Schulunterrichts. Gerade dort wird allzu oft den SchülerInnen die strikte Trennung von objektivem, sachbezogenem Lernen und allen persönlichen verbalen und nonverbalen Äußerungen „eingebläut“, denn solches störe ja nur. Eigentlich eine Falle, ein Gefängnis: Durch diese Praxis in einem derart zentralen Sozialraum bleiben unsere über alles wichtigen Gefühle, die unser Sein und unsere Denke grundlegend bestimmen, gefangen und versuchen bei jeder Gelegenheit ins Freie zu gelangen. Dieser Trennungsusus bewirkt jedoch das glatte Gegenteil dessen was er zu erreichen versucht. Denn „Störungen“ bekunden die enge Verknüpfung von Sachlichem und dem gesamten Schwergewicht des Menschlichen - Gefühle, Bedürfnisse, Ärger etc. Daher gilt die altbekannte Erfahrung, dass Umwege über Beziehungslandschaften meist viel schneller und störungsfreier zum Ziele führen als die so überschaubaren direkten Sachwege. Oft sogar verhindern „Störungen“ auf direktem Sachwege jeglichen Fortgang. Zugegeben, die Umwege durch die Beziehungslandschaft erfordern einen langen Atem und vor allem gegenüber dem fokussierenden Sachdenken das entspannte Vertiefen im aktiven Zuhören und im weiten Terrain der Gelassenheit.
Brainstorming, ein altbewährter Kniff, der vor jeglicher sachbezogenen Verengung trefflich schützt - denn „Störungen“ haben hier von Beginn an Vorrang. Eine geniale Erfindung, um aus der Not eine Tugend zu machen. Alle um den Runden Tisch herum denken laut. Sie lassen einfach los, was ihnen an Gedanken und Ideen zum Thema gerade durch den Kopf geht, kurz und prägnant. Begründung fakultativ. Nur eines bitte nicht: Bewertung. Statt beurteilen mal sehen, wie es wirkt. Irgendjemand protokolliert auf Kärtchen. Nach einer halben Stunde: Stopp! Alle Kärtchen werden nun von allen mit Magneten an eine Wand gepinnt. Oder auf dem runden Tisch ausgelegt. Wie passen sie zusammen? Wie sieht das Ganze aus? Wie entsteht aus Einzelbäumen ein Wald? Zum Schluss wird gemeinsam dokumentiert und jede(r) nimmt sich das Papier mit nach Hause. Zum Nachdenken. Fortsetzung offen. „Viele Wege führen nach Rom“ Highlight für Alternativen, die die stets bedrohliche Sackgasse zu vermeiden helfen. In diesen Beritt hinein passt vorzüglich - statt des „Entweder ... oder ...“ das „sowohl ... als auch ...“. Es öffnet Straßensperren. Wir machen uns selbst wieder beweglicher, denn oft engt Konvention die Weite der Möglichkeiten ein. In der Regel wurden wir ja alle zum „Vorauseilenden Gehorsam“ geschult.
9.2 Bürgerbewegung beginnt mit Dialog
"Damit das Mögliche entsteht, muss immer
wieder das Unmögliche versucht werden"
Hermann Hesse
Bereits Jean Jaques Rousseau lässt zum großen, zentralen Thema Gemeinsinn aufhorchen.
„Das den Gesetzen unterworfene Volk muss deren Urheber sein.“
Recht hat im Grunde genommen - wie auch Religion – in menschlichen Gemeinschaften die so notwendige friedensstiftende Wirkung, die nutzbringender ist als alle Machtanwendung von oben herab. Recht wirkt in diesem Sinne jedoch nur, wenn seine Inhalte – die Gesetze – nicht fremdbestimmt sind, sondern von uns, den Bürgern mitgeschaffen werden. Warum soll „Schule“ kein Gegenstand aktiver Bürgerbeteiligung sein? Schule ist neben Elternhaus der prägendste Sozial- und Entwicklungsraum, in welchem unsere Kinder gedeihen oder – vielfach unbemerkt oder übersehen – nicht gedeihen. Gerade Schule ist deshalb der Sozialraum, der zuvörderst Angelegenheit der Eltern sein sollte – eingebunden in Gemeinsinn-Werkstätten. Innerhalb solcher Dialogerlebnisse partizipieren auch Pädagogen und Psychologen, auch Kunstschaffende und sogar Politiker. So wird Trennendes – hier Familien, dort Schulanstalt – zusammengefügt. Der Parteienstaat sieht das natürlich ganz anders. Durch Staatsdiener, Gesetze, Verordnungen, Erlasse, Lehrpläne, Aufsichtsmaßnahmen etc. bestimmt er bis ins Detail, was in s e i n e m Hause zu geschehen hat. Und die Geschichte zeigt, dass er am Status-Quo weiterhin festzuhalten gedenkt. Warum wohl? Dieser Staat fühlt sich für alles zuständig, denn seinen Bürgern traut er ja nichts zu. Die Aufgabenüberlastung und oben drauf das Gezerre – und Geklüngel – der Parteien untereinander überdehnt das Zeitbudget der Abgeordneten und Minister. Da bleibt keinerlei Zeit mehr für Zukunftsdenken. Da merken die Parteien nicht mal, dass sie Art. 21 Abs. 1 Satz 1 unseres Grundgesetzes verletzen.
„Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“
Nun ja, das juristische Kunsthandwerk ermöglicht es, auch diese Rechtsverletzung „schönzureden“. Schule ist für uns Bürger zu wichtig, als das wir zukünftig die fortlaufenden Stoffwechselstörungen, die der Staat mit „seinen“ Schulen einbrockt, auch weiterhin einfach hinnehmen können.
Für unser gemeinsinniges Handeln stehen uns im Dialog von "Die Zeit ist reif! - Bürgerbewegung für Staatsfreie Schulen" reichhaltige und wissenschaftlich erhärtete Aussagen, Experten-Erfahrungen und viele Praxisberichte zur Seite.
Uns fällt auf, wie all diese Anmahnungen vom Parteienstaat einfach nicht beachtet werden. Mit der Konzentration der mehr als fünfzig Expertenfunde wollen wir eine Anstoßwirkung für einen Dialog mit Ihnen erreichen. Einen Dialog als Basis für eine möglichst breite Bürgerbewegung für staatsfreie Schulen.
9.3 Ihre Erfahrungen, Meinungen
- dafür oder dagegen - und Ihre Vorschläge?
Jetzt sind die Tore offen für einen fruchtbringenden Dialog, einen Marktplatz für den öffentlichen Meinungs- und Erfahrungsaustausch. Für alles, was Ihnen nach Ihrem Lesen unserer Homepage durch den Kopf geht. Auch Austauschkreise oder Planungszirkel?
Ja, wir freuen uns auf einen solchen Dialog mit Ihnen, auf Ihr Gegen genauso, wie auf Ihr Für. Aus allem lernen wir. Und gerade auf solches Lernen sind wir erpicht.
Wir drei
Axel Gross - Susi Hirsch - Martin Binder